National Express (NX) verspricht Franken, allen Fahrgästen der Nürnberger S-Bahn beste Qualität zu liefern. Man habe sich über den Beschluss der oberbayerischen Vergabekammer zur Vergabe des S-Bahn-Netzes an NX „sehr gefreut“. Die Kommentare mancher regionaler SPD-Sprecher hierzu bezeichnet NX dagegen als „Entgleisung“.
Der jüngste Beschluss der Vergabekammer sei nach Ansicht von NX-Geschäftsführer Tobias Richter „absolut eindeutig und fachlich nicht angreifbar“. Wer meine, jetzt noch zum Oberlandesgericht gehen zu müssen, setze sich dem Verdacht einer bloßen „Zeitverzögerungs-Taktik“ aus. Man werde die verbleibenden Tage noch in Ruhe abwarten, danach aber sofort alle Signale auf Fahrt stellen, damit die neue Nürnberger S-Bahn schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden kann. Die zeitliche Verzögerung von fast zwei Jahren sei nicht die Schuld von NX oder dem Aufgabenträger Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG). Sie dürfe nicht zu Lasten der Fahrgäste gehen. NX bietet deshalb schon jetzt der DB Regio volle Kooperationsbereitschaft an.
Die Bedenken um die Zukunft der DB-Jobs kann Richter nicht teilen: „Auch unsere neuen Züge fahren nicht automatisch, sondern benötigen eine große Zahl hochqualifizierte Triebfahrzeugführer.“ Diese würden tarifvertraglich ein Gehalt ähnlich der DB-Lokführer erhalten. Den klassischen Zugführer mit der roten Binde an der Jacke gäbe es dagegen in modernen S-Bahnsystemen schon lang nicht mehr. Viel wichtiger sei jedoch die Begleitung der Züge durch Sicherheitspersonal, die für die Fahrgäste auch Serviceaufgaben übernehmen. Hier wird NX sogar mehr Kräfte bieten, als von der BEG gefordert. Damit würde NX unterm Strich sogar mehr Arbeitsplätze bei der Nürnberger S-Bahn schaffen.
Kein Verständnis hat Richter für die jüngsten Äußerungen einiger örtlicher SPD-Sprecher. Die Landtagsabgeordnete Helga Schmitt-Bussinger hatte NX eine „desolate Vorstellung“ vorgeworfen und für eine Vergabe der Nürnberger S-Bahn an die DB geworben. Und der SPD-Stadtrat Thorsten Brehm kritisierte, dass NX noch gar keine Züge für Nürnberg hätte.
„Das sind üble Entgleisungen. Ich muss von einem gewählten Mandatsträger erwarten können, dass er erstmal beide Seiten anhört, bevor er seine Meinung öffentlich äußert. Zu uns wurde aber leider überhaupt kein Kontakt aufgenommen. Man hätte wenigstens mal nachfragen können“. Die Vergabe einer S-Bahn sei kein Wunschkonzert, sondern hartes EU-Recht, schließlich ginge es bei der Suche nach dem wirtschaftlichsten Betreiber-Angebot um die sorgfältige Verwendung von Steuergeldern. Und: Wie hätte NX die neuen Züge für Nürnberg schon bestellen sollen, ohne einen unterschriebenen Betreibervertrag in der Tasche zu haben? Schließlich ginge es hier um eine Investition von rund 340 Mio Euro.
Wer die S-Bahn zu teuer anbietet, riskiert, dass die BEG nicht mehr genug Finanzmittel zur Verfügung hat, um alle bestehenden Zugfahrten zu bezahlen. Dann gibt es Streichungen auf anderen Strecken, zum Beispiel abends und am Wochenende. Wie knapp die Zuschussmittel im SPNV sind beweist die Anfrage des Landtagsabgeordneten Markus Ganserer (Grüne), der gefordert hatte, die mit der Vergabe an NX eingesparten Geldmittel für zusätzliche Fahrten der S-Bahn zu verwenden. Die Antwort des Freistaats war eindeutig: Kein Geld vorhanden.
Zu den aktuellen Betriebsproblemen in Nordrhein-Westfalen nimmt Richter ebenfalls Stellung: Man hätte von der DB eine problembehaftete RegionalExpress-Linie in Westdeutschland übernommen, was die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit betrifft. Zwar gab es in den ersten Monaten des NX-Verkehrs einige Probleme mit den farbrikneuen Fahrzeugen und dem in NRW penetrant überlasteten Schienennetz, jedoch keinen einzigen personalbedingten Zugausfall.
Die Probleme hätten mit der Totalsperrung der wichtigen Verbindung Köln – Wuppertal durch DB Netz vor wenigen Wochen begonnen. Diese habe die Linien von National Express in zwei Teilnetze getrennt. Laut Richter war die Totalsperrung zwar seit längerem bekannt. Die Detailpläne hätte die DB aber erst unmittelbar vor Beginn der Sperrung geliefert. Diese sahen größere Umleitungen vor, die im wahrsten Sinne des Wortes „über Nacht“ zahlreiche weitere Lokführer erforderten. Zum gleichzeitigen Beginn der Sommerferien sei es einfach nicht möglich gewesen, diese sofort zu beschaffen, denn auch in NRW sind Triebfahrzeugführer sehr begehrt. Das hätte zu vereinzelten Zugausfällen geführt.
Richter: „Zugausfälle sind nicht entschuldbar, sie dürfen einfach nicht passieren, denn die Fahrgäste erwarten höchste Zuverlässigkeit. Hier haben wir dazu gelernt.“ In Nürnberg werde man höchste Qualität bieten. „Das entspricht auch der Firmenphilosophie von NX, in der „excellence“ ganz oben, gleich nach „Safety“ (Sicherheit) gesetzt ist.